„Der Club der toten Dichter“

Aufführung des Literatur- und Theater-Kurses des WHG am 7. und 8. November 2017 im Jakobus-Theater Karlsruhe

Der ganz normale Schulalltag: Lateinkonjugationen, Hypothenusen und Ankatheten, historische Daten der Menschheitsgeschichte … Doch die Welton-Academy ist keine normale Schule: Hier werden „Adel und Elite“ ausgebildet – die zukünftigen Politiker, Ärzte, Juristen und Bankmanager. Ihre Ausbildung ist exklusiv und exakt vorausgeplant und alles unterliegt den vier goldenen Regeln Tradition, Ehre, Disziplin, Leistung. Wehe dem, der anders denkt.

Beeindruckend und gleichzeitig bedrückend präsentierte der Literatur- und Theaterkurs unter der Leitung von Carsten Thein am 7. und 8.11.2017 die Szenerie dieser ehrgeizigen wie unbarmherzigen Elite-Akademie. Von der uneinsichtigen Mutter (Alina Schübel), über autoritäre Schulleitung und Lehrerinnen (Linus Köhler, Katharina Merkel, Klara Schark; alle drei ehemalige Schüler des WHG in Gastrollen) bis zum Neuankömmling Todd Anderson (Nicholas Hilger) mit fragilem Selbstbewusstsein wurden die Figuren innerhalb der konservativen Mauern der Schule überaus überzeugend verkörpert. Mauern, die zu bröckeln beginnen, als die neue Lehrerin für Literatur, Mrs. Keating, in all ihren faszinierenden Facetten von drei Schauspielerinnen zeitgleich dargestellt (Janika Grund, Jana Feil, Sophia Fischerbauer), auf dem Pult stehend nicht nur von den Schülerinnen und Schülern, sondern auch vom Publikum eine neue Sicht auf die Welt verlangt. „Carpe diem“, „Pflücke die Knospen“, „das Mark des Lebens einsaugen“ sind die Zitate der toten Dichter, welche die Jugendliche zu einem selbstbestimmten Leben ermutigen und ihre Liebe zur Poesie wecken sollen. Dieser Idee wachsen Flügel und schon bald gründen die Schülerinnen und Schüler den von ihrer Lehrkraft vor vielen Jahren ins Leben gerufenen „Club der toten Dichter“ neu. Ihre Gedichte erzählen von freien Vögeln, der Liebe und der „mad world“, aus der sie am liebsten ausbrechen wollen: Wehe dem, der keine Heimat hat.

Doch die Mauern bleiben unnachgiebig, zu versteinert sind die Werte der Schule, zu groß ist der Leistungsdruck durch die Eltern, welche sich selbst nicht einmal die Mühe für abwechslungsreiche Geburtstagsgeschenke machen. So groß, dass er das Hochgefühl nach der Erfüllung eines Kindheitstraums von Neila Perry (Alicia Wagner) mit wenigen Sätzen zu Boden schmettert. So groß, dass Neila keinen anderen Ausweg als den Suizid sieht. Und während das betäubte Publikum mit der Frage zurückbleibt, wer für diesen Tod verantwortlich zu machen ist, haben die Mauern schon längst den Schuldigen ausgemacht: Mrs. Keating wird suspendiert. In der letzten Szene jedoch beweisen die Schauspieler und Schauspielerinnen jedoch noch einmal eindrücklich, dass die Mühen und die Trauer nicht umsonst gewesen sind. Mrs. Keating muss die Schule verlassen, doch die Jugendlichen bezeugen ihr höchsten Respekt und Treue, indem sie nochmals auf die Tische steigen, um sie mit dem bedeutenden Ausspruch zu verabschieden: „Oh Captain, mein Captain!“ Wehe dem, der da sitzen bleibt.

So hält es auch das Publikum nicht mehr auf den Stühlen und mit standing ovations werden Darstellerinnen und Darsteller, Regie und Technik (Schüler der Technik-AG unter der Leitung von Herrn Zimmer) nach der Vorstellung gelobt. Dank gilt weiterhin Patrizia Camilleri für die musikalische Leitung bei dem Einstudieren der Liedeinlage und Rainer Eckert für umfassende Hilfestellungen. Des Weiteren sei dem Jakobus-Theater für die Aufführungsmöglichkeiten und der Schulleitung sowie den Kolleginnen und Kollegen des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums für die Unterstützung gedankt. Das Publikum bedankt sich für unvergessliche Szenen voller „Lichter des Wissens“.

Andische Schabani